22.5.18 zur ausstellungseröffnung
nina und sabine, die sich dieses liebenswürdige café ausgedacht haben und betreiben, sind freunde meiner kinder und haben mich vor ein paar wochen gefragt, ob ich fotos gemacht habe, die was vom tod oder von friedhöfen erzählen….ja, habe ich….und jetzt hängen hier die bilder vom berühmten pariser friedhof PERE LACHAISE und ich darf etwas dazu erzählen….
zuerst einmal grosses dankeschön an euch beide, nina und sabine…..ich freue mich, dass ich etwas zu eurem café cadoro beitragen kann, diesem ganz besonders reizvollem ort, an dem man sich einfach wohlfühlen muss, besonders bei diesem himmlischen wetter und dem köstlichen kuchen von sabine und euren fabelhaften kaffeespezialitäten……
nun zu meinem beitrag: ich mache keine schönen einzelfotos sondern will und wollte schon immer mit fotos und jetzt mit fotokollagen erzählen, was mich freut oder ärgert, begeistert oder mir leid tut, auf was ich aufmerksam machen will, um was man sich kümmern muss…vor kurzer zeit bin ich dir begegnet, ulrike, weil du für deine doktorarbeit DAS FOTO ALS ARGUMENT auch das buch DIE GEMORDETE STADT heranziehst… das haben gina köhler und ich mit feuilletons von wolf jobst siedler 1963 gemacht. Das foto als argument, als mittel zum zweck, das machen auch die 20 broschüren PARIS PUZZLE aus, dokumentation der schönen nebensächlichkeiten, die ich in den 20 stadtbezirken von paris gefunden habe …. ich hatte das glück, ab 1986 bis 2012 öfter im jahr für ein paar wochen in paris zu wohnen…wollte dort aber kein parisbuch machen, weil es tausende schöne schon gab….eines tages beim spazierengehen durch das marais sahen wir ich an einem wunderschönen aber ziemlich bröckelnden stadtpalais ein schild: FREIGEGEBEN ZUR RENOVIERUNG….
das muss dokumentiert werden…pierre holte die kamera von zu hause, ich
fotografierte das ruinöse palais und unser schrecken wurde leider bald bestätigt:
renovierung a la disney-world….schönste stukkaturen mit dicker heller farbe
zugekleistert…am tag dieser entdeckung entschloss ich mich alles zu
dokumentierten, was ich schönes altes in paris entdeckte, und vor dem zerbröckeln vielleicht bewahrt werden musste…PARIS FAIT GAFFE! paris, pass auf! …. das betraf keine sehenswürdigkeiten…es waren schöne nebensächlichkeiten, die ich einsammelte…jeden tag nahm ich die metro und stieg an einer mir unbekannten station aus…augen ganz weit auf, nach oben, unten, links und rechts…ich war atemlos begeistert…neugierig glücklich und kannte keine müdigkeit… so ging es mir auch mit dem weltberühmten friedhof PERE LACHAISE im 20.arrondissement….ohne lageplan der berühmtheiten menschen wie chopin, oskar wilde, edith piaf , sarah bernhardt, maria callas, maqrcel proust, jean de la fontaine… durch zufall habe ich chopin gefunden, aber nicht fotografiert, weil lauter menschen mit ihren handys die sicht nahmen….in meinen parisführern hatte ich vorher gelesen, das der name vom beichtvater ludwig des 14. stammt…ihm wurde 1624 das 44ha grosse grundstück vom könig geschenkt und er errichtete dort ein erhohlungsheim für seine jesuiten… die mussten aber 100 jahre später weg aus paris und die stadt erwarb das hügelige und herrlich bewaldete grundstück für einen riesenfriedhof … er liegt am äussersten rand der pariser schnecke (erklären)… ursula kardoff in ihrem reiseführer sagte, dass hier das abewchselungsreichste freilichtmuseum der welt sei, ein totenpark, der im katalog der sehenswürdigkeiten drei sterne bekommen hat…er sei auch eine politische wallfahrtsstreckke: 1814 kämpften hier studenten gegen russen..vergeblich, 1871 aufständische der kommune gegen die truppen aus versailles..auch vergeblich: 147 aufständische wurden an der mauer, die heute als mur des fédéres zu besichtigen ist, erschossen …. ergeifend sind die mahnmale des letzten krieges, der KZs ravensbrück, auschwitz, mauthausen…also der pères lachaise war für mich das paradies der nebensächlichen schönheiten … und als ich nach vielen stunden totmüde und hungrig ein bistro suchte war das erste die MÈRE LACHAISE…ein winzigrestaurant mit wunderschönen aktfotos von a925 dekoriert! also, wenn ihr mal wieder nach paris fahrt, unbedintgt durch die RUE DE LA RÉPOSE (strasse des ausruhens) und an dem restaurant A LA RENAISSANCE (zur wiederauferstehung) vorbei mit bequemen schuhen solange die neugier euch trägt über hügel und durch wälder auf der suche nach (so emphiehlt der grüne michelin) “herzergreifenden steinmetzwerken”, die auch wenn esw sich um keine berühmtheiten handelt, erhalten bleiben müssen.
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cadoro 2018
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WARUM Paris Puzzle ?
Laut Lexikon ist Puzzle ein Geduldspiel, bei dem aus verschieden geformten Teilchen Bilder zusammengesetzt werden … der schneckenförmige Stadtplan von Paris, l‘Escargot de Paris, sieht für mich schon wie ein kunterbuntes Puzzle der 20 Arrondissements aus … Paris habe ich mir sozusagen puzzelnd ver-
traut gemacht, denn alle meine vielen hundert Fotos sind einzeln ohne Bedeutung, ohne Aussage, genauso wie es einzelne Puzzle-Teilchen sind, aber zu Bildern zusammengesetzt zeigen sie das für mich Besondere, das schöne Alltägliche der zwanzig unterschiedlichen Welten, die den Zauber der Stadt
ausmachen … Paris Puzzle will Lust machen, die Stadt auf ganz eigene Art zu entdecken … wer neugierig ist auf Unerwartetes, wer sich durch schöne Nebensachen überraschen lässt, der muss nicht meinen Spuren folgen, denn überall, auch neben den bekannten Sehenswürdigkeiten, wartet schönes Alltägliches, das begeistern möchte und liebevollen Schutz braucht … gerne würde ich in jedem der 20 Rathäuser meine Entdeckungen in ihrem Arrondissement zeigen … Besucher, die dazu Lust haben, könnten ein
bis zwei Stunden im Kiez herumspazierend fotografieren was gefällt oder missfällt … später würden wir aus den Fotos ein Riesenpuzzle für die Mairie bauen und dem für das Stadtbild Zuständigen zeigen, was
unserer Meinung nach im Kiez wegen Schönheit oder Einmaligkeit geschützt werden muss, wie man das machen kann und welche bröckelnden Schätze sofort repariert werden müssen … so entstünde Verantwortung für die eigene Umgebung und Kiez-Bewohner würden helfen, dass auch schönes Alltägliches,
das keinen Denkmalschutz geniesst, erhalten bleibt …